Heute wollen wir uns mit dem Begriff des "Guten" Beschäftigen. Denn "Gutes" ist ein Synonym für das Ziel des Lebens.
Gut ist nur ein anderes Wort für Gott, und Gott ist in unserer Sprache nichts anderes als der Begriff für das Allumfassende, für den Geist des Universums, oder philosophisch ausgedrückt der Kontext allen Seins.
Kontext
Wenn wir etwas als gut bezeichnen, meinen wir immer gut für etwas bestimmtes. "Trink Kamillentee, das ist gut für Dich", sagen wir vielleicht zu einem Freund, der Halsschmerzen hat. Jemand anderem raten wir vielleicht zu einem Kurs in Selbstbehauptung, weil er oder sie immer wieder übervorteilt wird.
Für jemanden, der nicht nein sagen kann, mag es gut sein, erst mal zu lernen, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen, für jemanden, der sehr engherzig und geizig ist, ist es vielleicht gut, seine Empathie für andere zu verbessern. In jedem dieser Fälle entscheidet der Kontext, das übergeordnete Ziel (Gesundheit, Selbstbehauptung oder Mitgefühl und Anteilnahme) über das, was wir als gut empfinden.
Wenn im Mittelalter die Priester die Soldaten und ihre Waffen segneten, war der Kontext immer der Sieg der eigenen Armee, und natürlich gab es oft genug Priester gleicher Konfession auf beiden Seiten der Schlacht. Ihr Kontext war auf ihre Sippe beschränkt und somit waren selbst die "Gottesdiener" gegeneinander, schließlich kann ja nur einer gewinnen.
Mögen alle Wesen glücklich sein!
Güte in spirituellen Zusammenhang zielt jedoch weniger auf ein gut für mich oder gut für den anderen, sondern auf das Gute für alle, von der Bedeutung ähnlich wie die buddhistische Gebetsformel, "Mögen alle Wesen glücklich sein".
Das Glück, auf das dieses Gebet abzielt, ist nicht auf Kosten anderer und es steht nicht in Konkurrenz zu dem Glück anderer, es ist ein Statement für die allumfassende Weisheit des göttlichen Geistes, der uns alle miteinander verbindet.
Auch Leid kann "gut" sein
In diesem allumfassenden Kontext sind weltliche Errungenschaften oder Misserfolge nicht primär gut oder schlecht, sie sind Erfahrungen, die je nach Position als gut oder schlecht empfunden werden. In diesem Zusammenhang kann ein Verlust uns die Augen öffnen, eine schwere Krankheit der Neubeginn zu einem freieren Leben sein.
In diesem Kontext des allumfassenden Guten maßen wir uns nicht an, zu beurteilen, was eine Ereignis für die Beteiligten bedeutet.
"Wir wünschen allen Wesen Glück" bedeutet,
dass wir dem Kranken wünschen, dass ihm die Krankheit zum Guten dienen möge
und dem Lottogewinner wünschen wir dasselbe.
Anderen Gutes zu wünschen bezieht sich also weniger auf gewünschte Ereignisse oder materielle Wunscherfüllung, sondern auf ihre Fähigkeit, das Gute in allem wahrzunehmen, besonders gerade dann, wenn es schwer fällt, Gott oder das Universum als gut und liebend zu erkennen.
Güte ohne Anmaßung
Aus dieser Güte heraus dienen wir unseren Mitmenschen, ohne uns in ihre persönliche Entwicklung einzumischen.
Denn oft genug wollen wir für unsere Mitmenschen die Probleme lösen, die wir selbst haben. Gut für sie ist dann das, von dem wir denken es wäre gut für uns. Wir schenken ihnen Dinge, die wir selbst gerne hätten, empfehlen ihnen Bücher, die wir selbst gerne lesen würden oder raten ihnen zu Diäten, von denen wir ahnen, dass sie selbst uns gut täten.
Der berühmte "Balken vor den eigenen Augen" lässt uns nur den Splitter vor den Augen der anderen sehen, unsere "Güte" dient so unbewusst der Vermeidung von Selbsterkenntnis .
Wahre Güte schenkt Achtung, Liebe & Freiheit
Wahre Güte zielt auf ein übergeordnetes Ganzes, auf den unendlichen Kontext und schenkt zu allererst Freiheit. Jedem Wesen Freiheit als Grundhaltung zu schenken, bedeutet, es ernst zu nehmen in seiner Individualität, in seinen Entscheidungen, Haltungen und Neigungen. Dort, wo unser "Reichtum", egal ob finanziell oder emotional, überfließt, geben wir an die, deren Empfangen uns selbst vervollständigt.
Deine Güte macht Dich heil!
Ein Musiker spielt für Menschen, die seine Musik lieben und wird erst dadurch vollständig das, was er sein möchte. Ein Taxifahrer fährt Gäste, die gefahren wären möchten, und wird dadurch zum Taxifahrer. Und Mutter Theresa dient den Armen der Ärmsten, weil sie sich auf diese Weise Gott am nächsten fühlt.
Dies sind unsere natürlichen Gaben, die durch das Empfangen Wirklichkeit werden. Dennoch fährt der Taxifahrer nicht, weil es jemand anderes von ihm will. Der Musiker ist nicht Musiker, weil jemand sagt, "Ey, mach mal Musik!". Güte ist Liebe, ein Überfließen in Freiheit. Verwechseln wir nicht, wie so oft, Ursache und Wirkung.
Das ist das wahre Geschenk der Güte an alle Wesen:
"Ich sehe Dich, ich achte Dich und ich freue mich,
wenn mein Licht Deinen Pfad erleuchtet,
weil ich es selbst erst durch Dich sehen kann!"
Bis morgen
Alles Liebe
Stephan
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